Vorgeschichte
Meine Ausrüstung – primär für Astrophotographie ausgelegt – ist schon immer mobil, oder zumindest transportabel, gewesen. Was auch direkt die Frage aufgeworfen hat, wie die Stromversorgung ‚in freier Natur‘ bewerkstelligt werden kann.
Dass es keine gute Idee ist die Batterie des Autos anzuzapfen wird einem spätestens dann klar, wenn nach einer – vorzugsweise kalten – Nacht der Wagen nur noch mühsamst anspringt … die Aussicht in den sehr frühen Morgenstunden Starthilfe zu bekommen ist doch eher gering!
Es führt also kein Weg an einer dedizierten Stromversorgung, nur für das ‚Astrogeraffel‘, vorbei.
Bei mir war das über viele viele Jahre eine ‚Einhell Energiestation EGS 12‘, die mit einem 7 Ah Bleiakku ausgestattet war. Hat anstandslos ihren Dienst getan und hielt locker 3 Nächte durch – weil ich mit einer analogen SLR photographiert habe, und nur Strom für die Montierung (nicht Go-To fähig) gebraucht habe.
Mit dem Wechsel auf eine astromodifizierte DSLR, die über einen Akku-Dummy ‚extern‘ Strom bezieht, und dem Einsatz von Heizmanschetten, die das Beschlagen der Optik verhindern sollten ging der Stromverbrauch deutlich in die Höhe, und es musste eine Lösung mit mehr Kapazität her.
Mike Tomitsch war zufällig auch gerade dabei, sich Gedanken über eine Stromversorgung zu machen, und so haben wir – nach einer Anleitung, die Mike in einem Forum gefunden hat – zwei Pelicases zu ‚Stromköfferchen‘ gemacht: 15 Ah Blei-Vlies-Akku, 2 USB 3.0 Ausgänge, 3 Zigarettenanzünder Ausgänge, und noch ein Cinch Ausgang für den Anschluss eines Akku-Dummies (mit einstellbarer Spannung, für unterschiedliche Kameramodelle).
Kompakt, nicht zu schwer … und auf einmal waren wieder 3 Nächte draußen möglich, ohne Nachladen!
Tja, und dann kam die gekühlte Astrokamera … und plötzlich waren 15 Ah einfach zu wenig.
Die Qual der Wahl?
Eine überschlägige Kalkulation des Strombedarfs der ganzen Komponenten – Montierung (AstroTrac TT320X), Kamera (QHY 168C), Raspberry Pi 4 (Kamerasteuerung), Heizmanschette (DewBuster) und Kleinkram (GPS ‚Maus‘) – hat dann ergeben, dass für einen Betrieb von 10 bis 12 Stunden eine Batterie mit 50 Ah hinkommen sollte.
Bezüglich der Akku Chemie war von vorneherein klar, dass Blei aufgrund des hohen Gewichts ausscheidet und Lithium-Ionen viel zu temperaturempfindlich ist (dazu auch kritisch im Fall von mechanischer Beschädigung) .
Da blieb dann nur noch Lithium-Eisenphosphat (LiFePO4) übrig – temperaturfest zwischen ca. -15°C und +60°C (Entladen) kombiniert mit niedrigem Gewicht. Ausserdem können die Akkus typischerweise bis auf ca. 15% Restkapazität entladen werden – bei Bleiakkus fängt der kritische Bereich der Tiefentladung auch gerne mal bei ca. 25% Restkapazität (oder sogar noch höher) an.
An Anschlüssen sollte dasselbe vorhanden sein wie im ‚Stromköfferchen‘ … und mit diesen Rahmenbedingungen war das Angebot bei den einschlägigen Händlern doch sehr übersichtlich, außerdem waren die Preise ‚astronomisch‘.
Also kam wieder nur der Eigenbau, im Idealfall nach einer Anleitung, die sich in der Praxis bewährt hat, in Frage. Und nach ein wenig Suchen bin ich auf Cloudy Nights fündig geworden. Dort hat ein Forumsmitglied im Beitrag DIY Power Tank with a 12V 100Ah LiFePO4 battery: Story, pros & cons and equipment detailliert beschrieben, wie er eine Stromversorgung selbst gebaut hat.
Netterweise hat er in seiner Anleitung auch Verweise auf Verkäufer alle Artikel gelistet, die für den Bau notwendig sind. Diese sind zwar inzwischen z.T. schon veraltet, aber mit wenig Aufwand lassen sich identische oder zumindest ähnliche Artikel leicht ausfindig machen.
Eigenbau
Mit der Anleitung als Hilfe ging es also los.
Im ersten Schritt habe ich eine Skizze des Schaltplans erstellt.
Vom Akku aus geht es über einen Ein-/Ausschalter (12V, 20A) zu einem Verteiler-/Sicherungskasten, so lassen sich die verschiedenen Ausgänge gut separieren, und durch die Sicherungen auch die Ströme begrenzen.
Drei der insgesamt 6 Anschlüsse des Verteilers werden verwendet. Zwei Anschlüsse sind identisch aufgebaut. Begrenzt durch eine 10A Sicherung führen sie zu einem Gleichstrom-Gleichstrom Konverter, der – aus einer Eingangsspannung zwischen 8V und 40V – konstant 12V Ausgangsspannung liefert, bei max. 10A Stromstärke. Ein Konverter versorgt die 12V Zigarettenanzünder Ausgänge, der andere die USB 3.0 Ausgänge.
Der dritte Anschluss führt, über eine 5A Sicherung, an einen weiteren Gleichstrom-Gleichstrom Konverter. Dieser verfügt über eine einstellbare Ausgangsspannung, mit der über die Cinch Buchse Batterie-Dummies für verschiedenste Kameramodelle versorgt werden können.
Nachdem der Schaltplan erstellt und damit die notwendigen Komponenten bekannt waren ging es an den Einkauf – bis dann aber schließlich alles da war sind doch gut 2 Monate ins Land gegangen …
Beim Akku habe ich mich für ein Modell von Innomate entschieden, den Lithium LiFePO4 Akku 50Ah 12V mit BMS und Schraubgehäuse, inkl. einem 10A Ladegerät.
Die Suche nach einem passenden Koffer hat etwas länger gedauert – der Akku verfügt über ein eingebautes Display, und die meisten Koffer sind nicht hoch genug, um den Akku aufrecht stehend darin einzubauen – ein TAF CASE 403 – Staub- und wasserdicht, IP67 hat dann schließlich gepasst.
Neben den auf dem Photo abgebildeten Komponenten – Sicherungs-/Verteilerkasten, Gleichstrom-Gleichstrom Konverter für 12V, Zigarettenanzünder- und USB-Ausgangssets, einstellbarer Spannungswandler, Cinch Ausgang und Ein-/Ausschalter – war noch eine ganze Menge ‚Kleinkram‘ notwendig.
Dazu gehören flexible Litze mit Silikonmantel in verschiedenen Größen, XT60 Stecker und Buchsen, (gewinkelte) Kabelschuhe samt Tüllen, Wago Klemmen, Schrauben, Unterlegscheiben und Muttern in verschiedenen Ausführen, etc.
Den abgebildeten Spannungswandler habe ich schlußendlich dann doch nicht verwendet, sondern ihn durch ein anderes, kompakteres Modell ersetzt.
Mechanisches
Um Akku, Ladegerät, Verteiler und Wandler sicher im Koffer unterzubringen habe ich aus 8mm Sperrholz einen Kasten gebaut – die Einzelteile lassen sich ineinander stecken, und passen ohne großes Spiel in den Koffer.
Sicherungs-/Verteilerkasten sowie die Wandler werden auf je ein Teil der ‚Außenwand‘ geschraubt. Das hat gleich mehrere Vorteile:
- Wenn mir beim Messen bzw. beim Bohren ein Fehler unterläuft ist nur ein Stück Holz betroffen, das leicht ersetzt werden kann
- Sollte ich irgendwann Komponenten hinzufügen oder tauschen wollen ist auch nur die Holzkonstruktion anzupassen, der Koffer bleibt unverändert
Elektrisches
Die Verkabelung ist ziemlich überdimensioniert – Akku, Schalter und Verteilerkasten sind über AWG 12 Kabel (2mm Durchmesser) verbunden, für Verteilerkasten und 12V Wandler verwende ich AWG 14 (1,6mm Durchmesser). Wandler und 12V Ausgänge sowie die USB Anschlüssen sind über AWG 16 (1,3mm Durchmesser) verbunden.
Die XT60 Steckverbinder sind auch völlig unterfordert – die werden sonst im Modellbau eingesetzt und verkraften 60A Dauerstrom und bis zu 100A kurzzeitig – verwende ich aber sehr gerne weil Kabel wirklich einfach eingelötet werden können und die Stecker verpolungssicher sind.
Das gilt natürlich auch für die Wago Klemmen. Lt. Hersteller verkraften die 400V und 35A, sind aber unglaublich praktisch, wenn man eine ‚Stromweiche‘ braucht. Für die Klemmen habe ich 3D-gedruckte Halterungen besorgt, die zusammengesteckt werden, und auf der Unterseite mit einer Senkkopfschraube montiert werden können.
Um den ganzen ‚Kabelsalat‘ etwas zu bändigen habe ich gewinkelte Kabelschuhe verwendet, das reduziert die ‚Bauhöhe‘, also wie weit die Anschlüsse in den Koffer hineinragen, erheblich – Ausnahme ist der Cinch Stecker, der baut allerdings eh nicht so hoch – und vereinfacht das Verlegen und Fixieren im Deckel.
Für den einstellbaren Spannungswandler habe ich keinen guten Platz im Bereich des Holzkastens gefunden – war mir lange nicht sicher, ob ich den überhaupt noch einbauen sollte. Also ist er jetzt eben mit Klettband im Inneren des Deckels befestigt … mal sehen ob sich das bewährt.
Und so sieht das (fast) fertige Endergebnis aus, das komplette Innenleben – inkl. Ladegerät, damit entfällt hoffentlich zukünftig die Suche nach selbigem, wenn der Akku mal wieder geladen werden muss – und die gesammelten Anschlüsse auf dem Kofferdeckel.
Zum Abschluss
Der Bau hat Spaß gemacht, aber auch deutlich länger gedauert als erwartet. Eine erste Inbetriebnahme ist auch schon erfolgt. Kurzzeitige Leuchterscheinungen (in Form von Lichtbögen) sind ausgeblieben, die Rauchmelder in der Wohnung haben sich auch nicht gerührt – und das Multimeter hat an allen Ausgängen die erwartete Spannung angezeigt … scheint also alles so zu funktionieren wie erwartet.
Der ultimative Test – wie schlägt sich die Stromversorgung in einer Beobachtungsnacht – steht allerdings noch aus … es bleibt also noch ein Rest Spannung!
Im Nachhinein findet man ja immer Sachen, die anders hätten gelöst werden können. Statt zweier 12V Wandler würde ich vermutlich beim nächsten Mal auf deren 3 setzen. Ein Wandler nur für die USB Ausgänge, der 6A max. Ausgangsstrom liefert, ein Wandler mit 10A für einen ‚Hochstrom‘ 12V Ausgang , sowie ein weiterer 10A Wandler für die beiden verbleibenden 12V Ausgänge – allerdings müsste der Ein-/Ausschalter dann auch ersetzt werden, da er nur für 20A ausgelegt ist.
Im direkten Vergleich fällt der Größenunterschied deutlich ins Auge.
Die neue Stromversorgung wiegt 13kg – das ist nicht wenig, allerdings ist da auch das Ladegerät mit dabei. Und da der Akku mittig eingebaut ist entwickelt der Koffer auch keine ‚Schieflage‘, und lässt sich am Handgriff gut tragen.