2015 brachte mich ein Freund zur visuellen Astronomie und ich schloss mich den „Backnanger Sternguckern“ an. 2016 folgte das erste eigene Teleskop, leider etwas zu spät um damit die Marsopposition 2016 beobachten zu können. 2018 war endlich die erste Gelegenheit für eigene detaillierte Marsbeobachtungen, die jedoch wie allseits bekannt aufgrund der einsetzenden Staubstürme größtenteils „im Sande verlief“.
In den vergangenen Jahren entdeckte ich meine Freude daran, visuell Gesehenes auf Zeichnungen festzuhalten. Anfänglich aus der Not wegen nicht vorhandener fotographischer Aufnahmegerätschaften und zugehöriger Kenntnisse geboren, entwickelte sich das Zeichnen und Führen eines Beobachtungsbuches für mich zu einem festen Bestandteil der visuellen Beobachtung.
So freute ich mich schon unbändig darauf, die Opposition 2020 beobachten und zeichnerisch festhalten zu können. In den Monaten um die Opposition herum fertigte ich eifrig dutzende Zeichnungen an und es stellte sich bald heraus, dass ich alle Oberflächenansichten einer kompletten Rotation des Mars zusammen bekommen würde.
Die entsprechenden Zeichnungen habe ich im obiger Abbildung zusammengestellt. Dabei sind die Bilder von links nach rechts in 2 Reihen nach der Abfolge der Marsrotation sortiert, Datum und groben Zentralmeridian („ZM“), also der dem Beobachter zugewandte Längengrad auf der Marsoberfläche, habe ich unter das jeweilige Bild angefügt.
Das letzte Bild bei ZM 150º tanzt dabei etwa aus der Reihe: Ich hatte hier bei der Beobachtung so gute Bedingungen, dass ich sogar Olympus Mons, bzw. wohl eher Wolken darüber, sehen konnte. Ich war derart fasziniert von dieser Sichtung des höchsten Berges unseres Sonnensystems mit eigenem Auge, dass alles andere auf dem Mars wohl etwas „in den Hintergrund“ geriet. Nur so kann ich es mir erklären, dass die Oberflächendetails auf der Südhalbkugel des Mars auf dieser Zeichnung etwas zu klein geraten sind. Eigentlich war der Plan, eine Beobachtung und Zeichnung dieser Ansicht zu wiederholen. Laut meines Planetariumprogrammes („Stellarium“) sollte dies um den 19.11.2020 herum möglich sein. Leider waren die Sichtbedingungen zu der Zeit aber nicht besonders gut und auch von Olympus Mons war nichts mehr zu sehen. So entschloss ich mich, die ursprüngliche Zeichnung vom 13.10.2020 in der Zusammenstellung zu belassen und diese Unzulänglichkeit als positiven Ausdruck dafür zu sehen, wie wunderbar subjektiv Zeichnungen das Gesehene wiedergeben können.
Zu den Zeichnungen im Einzelnen (Süden oben, Abendterminator links):
– ZM 220º (03.10.2020): zu sehen ist das Mare Cimmerium, am Morgenterminator erscheint Syrtis Major
– ZM 310º (02.11.2020): Syrtis Major ist nun prominent, darüber ist das Impaktbecken Hellas Planita zu sehen, Sinus Meridiani erscheint rechts am Morgenterminator
– ZM 0º (31.10.2020): Auf Syrtis Major und in Hellas Planita geht nun die Sonne unter, Sinus Meridiani ist nun in der Bildmitte
– ZM 50º (24.10.2020): Sinus Meridiani verschwindet links in der Nacht, zentral liegt Margaritifer Sinus und Arurorae Sinus, unten im Norden liegt Accidalia Planum
– ZM 80º (18.10.2020): Bei Aurorae Sinus ist nun Nachmittag, die größere der beiden kleinen Strukturen in der Mitte ist Solis Lacus
– ZM 150º (13.10.2020): Links oben, am Abendterminator ist nun Solis Lacus, die schlangenförmige Albedostruktur ist das Mare Sirenum, unten im Norden erkennt man Olympus Mons
Alle Bilder entstanden in der Nähe von Ludwigsburg (BW) an einem 12“ Dobson von Orion UK mit 1600mm Brennweite (f,5.3). Das Dobson wurde mit einer Äquatorialplattform nachgeführt. Beobachtet habe ich mit Binokularansatz mit einem 1,7-fach Glaswegkorrektor und verschiedenen Okularen, meist jedoch mit 12mm oder 20mm Orthos.
Als äußerst gewinnbringend empfand ich die Zuhilfenahme verschiedener Filter. So entstanden die meisten Zeichnungen mit einem Farbfilter (Orange, Wratten 21) der die Albedostrukturen deutlich hervorbrachte. Auch ein zusätzlicher Baader Neodymiumfilter verstärkte an manchen Tagen die Kontraste weiter.
Die Zeichnungen entstanden während der Beobachtung am Okular mit farbiger Kreide, Holz- und Kohlestiften, verschiedenen Radierern und Wischstiften auf weißem Papier. Als Schablone für den Umriss verwendete ich eine CD. Anschließend erfolgte das Einlesen der Zeichnungen mit dem Scanner. In der Bildnachbearbeitung mit Adobe Photoshop habe ich die Planetenscheibe maskiert und den Hintergrund invertiert. Außerdem erfolgte eine leichte Farbkorrektur sowie eine vorsichtige Weichzeichnung, um die Papierstruktur etwas zu minimieren (was mir subjektiv etwas besser gefällt). Für die Zusammenstellung in Abbildung 1 habe ich die Zeichnung zudem in der Orientierung mit Photoshop aneinander angepasst.
Ich freue mich schon auf die kommenden Oppositionen, die hoffentlich nochmals schöne visuelle Beobachtungen von Details auf dem Mars zulassen werden.
(Dieser Artikel erschien 2021 auch im VDS-Journal Nr 78 – Schwerpunktthema „Marsopposition“. Die Zeichnungen durften dabei das Titelblatt zieren)