Es war ein glücklicher Abend mit einem traurigen Inuk…. Aber der Reihe nach:
Als ich am 21.01.2025 recht spät von der Arbeit komme, bemerkt meine Familie wohl schon eine Art euphorische Hektik bei mir. „So, wie es draußen aussieht, wird der Papa gleich in den Garten verschwinden.“ Sagt meine Frau mit einem rhetorischen Unterton, der selbst den Kindern seine ganze Tragweite offenbart.
„Nein, natürlich mache ich das nicht.“ sage ich mit nicht weniger Theatralik. „Erst muss ich was essen.“
Nachdem ich das getan habe und die Kinder im Bett sind, begebe ich mich um ca. 20:15 Uhr nach draußen, wo der 14,5“er Zambuto-Dob schon wartet. Die treue Seele hatte keinen Hunger und sich deshalb schon 1 1⁄2 Stunden früher hinterm Haus eingefunden.
Es ist feucht und nicht sehr dunkel. Trotzdem sieht man noch viele Sterne im Horizontsabber. Das ist meist ein Anzeichen für gutes Seeing und ich beschließe, mich heute der Planetenkette zu widmen. Im 14,5er steckt schon zum Beginn meiner Bobachtung ein Baader Großfeldbino. Adaptiert an einem 2-Zoll – 1,7-fach-GWK und einem paar 24er Panoptic-okularen. Daraus ergibt das größtmögliche Feld, bei etwa 144-facher Vergrößerung.
Venus ist hell aber nur ein wabernder Fleck am Horizont und wird deshalb ignoriert. Saturn befindet sich ganz in seiner Nähe und erfährt heute dieselbe Missachtung.
Der erste Blick geht in Richtung Oriontrapez. „E“ und „F“ tanzen leicht glitzernd neben den vier Hauptdarstellern der Szene und sind ein weiteres Indiz für gutes „Seeing“.
Jupiter zeigt zwei dunkle Bänder. Bereits auf den ersten Blick lassen sich Strukturen finden. Nach 1-2 Sekunden haben sich meine Augen an die Helligkeit angepasst und es erscheinen auch die weniger kontrastreichen Bänder. Die vier hellen Monde haben fast gleiche Abstände zueinander und passen gemeinsam ins Gesichtsfeld. Sie geben sich als hüpfende aber flächige Objekte zu erkennen. Ich bin nicht sicher, ob die weiteren Pünktchen von Sternen oder vielleicht doch von Amalthea oder Thebe stammen. Mein Vorhaben, dies später nachzuschlagen, ist mir dann wohl aus der Tasche gefallen. Ich habe es jedenfalls bis jetzt noch nicht geschafft…
Vor dem Schwenk zum Mars schraube ich einen Orangefilter (vom Gerd) vor den GWK. Ein oranger penetrant strahlender Ball findet den Weg in die optische Achse. Wieder dauert es 1-2 Sekunden, bis ich Details sehe. Eine eisige nördliche Polkappe zeigt sich hellorange am unteren Ende des Scheibchens. Im oberen Teil (Süden) zeichnen sich dunklere Bereiche ab. Ich nehme den Filter wieder raus und sehe Mars in der gewohnten Farbe. Die Eiskappe ist nun strahlend weiß. Ich setze ein paar 18er (192-fach) ein und gucke weiter. Der Anblick erinnert mich an einen Smiley. Orange, ohne Nase und Augen, dafür mit dunklem Seitenscheitel und weißem Kinn. Da Mars noch etwas Zeit bis zu seiner maximalen Horizonthöhe hat, beschließe ich, mich später nochmal daran zu erfreuen.
Wir hatten neulich in Bürg Uranus aufgesucht und ich möchte das mit dem 14,5er – den ich dort nicht dabei hatte – auch tun. Mit Hilfe von Skeye (APP) werde ich schnell fündig und erfreue mich an einem leicht türkisfarbenen Scheibchen. Dann kommt – ganz langsam – der Verdacht auf, dass da noch mehr geht. Ich schiebe die 12er Pentax XF (288-fach) ins Bino und erlebe das gleiche Scheibchen, nur größer.
Die Luftruhe hat sich in den letzten Minuten nochmal deutlich verbessert. Ich schwenke wieder zu Jupiter und brauche auch nicht lange, um einen deutlichen Zuwachs an Details zu bemerken. Umso länger dauert es nun aber, diese zu erfassen und zu verinnerlichen. Zwischen den Seeingwellen stanzt sich immer wieder ein beeindruckendes Bild heraus und mir wird der Anblick auch nach mehr als 20 Minuten noch nicht langweilig. Ich konzentriere mich auf die selten so gut zu sehenden Bereiche in Polnähe. Ein Wechsel auf 10er Orthos (343-fach) bringt zeitweise noch feinere Konturen zum Vorschein. Da aber nun das Gesichtsfeld enger ist, hat es Jupiter noch viel eiliger, mir zu entkommen und die Augenblicke mit gestochen scharfen Darstellungen machen sich rar. Also, zurück zu 286-fach (12er Pentax).
Die Erinnerung daran, dass Mars gerade nicht nur besonders hoch, sondern auch in Opposition steht, zwingt mich förmlich zum erneuten Wechsel dahin. Jetzt zeigt sich ein dunkler Streifen zwischen Polkappe und einer hellen Fläche, die beinahe den ganzen Planeten bedeckt. Der dunkle Bereich im Süden (der immer noch ein bisschen aussieht, wie ein Seitenscheitel) offenbart jetzt, dass er wohl nicht gekämmt wurde. Ein heller Keil zieht sich in Richtung Pol. Ausbuchtungen sind zu erkennen. Ich schraube nochmal den Orangefilter drauf und begreife nun auch, wozu der gut ist. Die flächige, scheinbar leere Fläche in der Mitte ist nicht so homogen, wie es mir anfangs erschien. Vielleicht hat der Smiley doch Augen und Nase? Wenn auch nicht scharf abgegrenzt, sind mit dem Filter eindeutige Helligkeitsunterschiede zu erkennen.
Nach einer Weile bemerke ich, dass die Luftruhe wieder abnimmt, zusammen mit herannahenden Dunstfahnen. Und noch was bemerke ich erst jetzt: Es ist schweinekalt. Auf dem Dobson und dem Okularkoffer ist eine dicke Reifschicht und die Kälte hat sich bereits tief in meine Fingergelenke eingenistet.
Und was passt jetzt perfekt zu meinem Zustand? Richtig: Der Eskimonebel. Während ich das Objekt der Begierde – ohne Karte – einzustellen versuche, philosophiere ich vor mich hin, was momentan wohl dominanter ist: Dummheit oder Faulheit? Beides gleich, stelle ich fest! Denn es ist sowohl Faulheit, als auch Dummheit zugleich, nach mehr als 5 Minuten vergeblicher Suche – und bei dieser Saukälte – immer noch nicht bereit dafür zu sein, die Okulare gegen Andere (mit weniger Vergrößerung) einzutauschen. Schließlich ist das vermeintlich sichere Ziel doch gefunden. NGC 2392 zeigt einen scharfgezeichneten Zentralstern mit wabernd unrundem Ring und diffuser Schale. Mehr ist heute leider nicht drin. Auch mit weniger „Gas“ nicht. Ernüchtert stelle ich fest, dass sich die lange Suche nicht gelohnt hat. Oder wurde einfach nur meine Faulheit bestraft? Sei‘s drum… Der Dunst hat sich immer weiter in den Himmel gefressen und dabei wohl auch gleich das gute Seeing verjagt.
Nach etwa 15 Sekunden Eskimonebel gebe ich mich geschlagen und bin doch überglücklich darüber, dass mich Jupiter und Mars immer wieder begeistern können – auch nach so vielen Jahren noch.
Danke für‘s Lesen, Dennis H.